Kölner Stadtanzeiger - Online-Ausgabe unter ksta.de vom 7.3.2010
 

Der Pate und sein Schlagloch

Von Susanne Hengesbach
Jörg Westhoff würde gerne spenden, um ein bestimmtes Loch im Asphalt auf der Lindenstraße reparieren zu lassen. Doch leider legt ein komplizierter Verwaltungsaufwand seinem noblen Vorhaben Steine in den Weg.

Das Loch im Asphalt auf der Lindenstraße, wo das Benediktinerkloster ist, würde Jörg Westhoff als „Pate“ gern flicken lassen - auch ohne Erinnerungsplakette. (Bild: Schwarz)

Köln - „Das ist ja eine tolle Idee!“, dachte Jörg Westhoff, als er in der Donnerstag-Ausgabe des „Kölner-Stadt-Anzeiger“ von der Thüringer Gemeinde Niederzimmern las, die ihren Bürgern die Möglichkeit bietet, Schlagloch-Patenschaften zu übernehmen. Das Prinzip ist ganz einfach: Man sucht sich auf der Straße ein Loch aus, zahlt fünfzig Euro, stopft damit das Etatloch, bekommt nach der Sanierungsmaßnahme eine Plakette mit „Wunschaufschrift“ in den Asphalt eingelassen und hat somit sein persönliches „Hole of Fame“. Um Ruhm geht es Jörg Westhoff allerdings gar nicht. Er ist es lediglich leid, auf der täglichen Autofahrt zu seinem Geschäft in der Händelstraße durchgeschüttelt zu werden.

Der 42-Jährige ist jemand, der den Slogan „Liebe deine Stadt“ doppelt und dreifach unterstreichen würde. „Aber man muss sie auch hegen und pflegen - in guten wie in schlechten Tagen.“ Westhoff hat seit 13 Jahren ein Fachgeschäft für Ehegygiene und somit ein Sortiment zur Ausgestaltung intimer Stunden. Nun will er auch etwas am Fahrbahnzustand verbessern und sagt: „Ich spende die ersten 500 Euro.

Frei nach dem Motto „einer muss ja den Anfang machen“, griff er am Freitag um 12 Uhr zum Telefon und rief beim Callcenter der Stadt an. „Ich würde gerne 500 Euro spenden für ein Loch“, sagte er und berichtete einer Dame, die sich mit „Hengst“ gemeldet hatte, von dem Thüringer Beispiel. Er habe sich bereits ein Loch ausgesucht, erklärte er der Mitarbeiterin, die gar nicht überrascht klang. „Ich möchte das auf der Lindenstraße, da, wo das Benediktinerkloster ist.“

Sie könne bei der Schlagloch-Hotline leider niemanden mehr erreichen, meinte die Dame am Telefon und erklärte sich freundlich bereit, die Personalien aufzunehmen und das Anliegen weiter zu tragen. Doch auch bei Westhoff ist das Vertrauen in die Stadt getrübt, weswegen er sich mit dem Gedanken „da komme ich schneller ans Ziel“ an diese Zeitung wandte.

„Das ist ja ein Ding! Eine freiwillige Spende für Straßenschäden, das haben wir meines Wissens nach noch nie gehabt“, bekennt Kai Lachmann, der für Schlaglöcher zuständigen Mann beim Amt für Straßen- und Verkehrstechnik der Stadt. „Wir sind natürlich dankbar für Gelder aber der falsche Ansprechpartner.“ Bürgerbeteiligung sei zwar „eine tolle Sache“, doch könne es aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht angehen, „dass nun jeder mit 'nem Eimer Kaltasphalt auf den Straßen herumläuft und Löcher zumacht“. In Bezug auf Spenden gebe es eine Ratsvorlage und gewisse Entscheidungswege. Was eine Loch-Patenschaft samt Plakette betrifft, befürchtet Lachmann, „dass der Verwaltungsaufwand da größer ist als der Nutzen.“

Wenn in Thüringen 50 Euro pro Schadstelle reichen, drängt sich die Frage auf, was Kölner Löcher kosten und ob es da - ähnlich wie beim Zahnarzt - Deluxe-Füllungen gibt? - Lachmann lacht. „Der Vergleich ist gar nicht schlecht. Wir machen in der Tat hauptsächlich Provisorien und flicken notdürftig, weil es aufgrund der Vielzahl gar nicht anders möglich wäre.“ Ein Loch zu stopfen koste je nach Materialmenge, Anfahrt, Personalaufwand und Fahrzeugeinsatz 100 bis 200 Euro.

Grundsätzlich sieht Lachmann in Westhoffs Vorstoß einen „interessanten Ansatz“. Man müsse diesbezüglich vielleicht „ein unkompliziertes Verfahren finden“. Der Spender selbst hatte freilich gar nicht vor, eigenhändig zu flicken. „Das sollen Fachleute machen.“ Auf eine Plakette verzichtete er ebenfalls. „Das würde die Sache nur verteuern.“ Er möchte einfach einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten und „etwas tun, was man sieht, und was nicht in dunklen Kanälen verschwindet!“ Es sei völlig korrekt, so Westhoff weiter, „dass wir an Haiti und andere Notleidende denken. Aber wir dürfen uns selber nicht ganz vergessen.“