Südwest Presse - Online-Ausgabe unter www.swp.de vom 15.3.2010 |
Der "Walk of Schlagloch" Ein
Schlagloch: Derzeit auf deutschen Straßen häufig anzutreffen.
Stuttgart/Niederzimmern. Weil Niederzimmern (Thüringen) kein Geld zur Reparatur hat, verkauft die Gemeinde ihre Schlaglöcher auf der Straße. Die Idee kommt an. 50 Euro kostet eins. Ausmaß und Tiefe spielen keine Rolle. Es ist viel mehr ein Festpreis, zu dem die Gemeinde Niederzimmern (Thüringen) ihre Schlaglöcher im Internet anbietet. Unter dem Motto "Teer muss her - kaufen Sie ihr Schlagloch" versucht die 1000-Einwohner-Gemeinde aus der Not eine Tugend zu machen. Denn sie hat partout kein Geld, um die Straßen zu reparieren. Wie neulich in Vancouver sind Fähigkeiten im Slalomfahren gefragt. Ein Zustand, den Bürgermeister Christoph Schmidt-Rose auf Dauer unerträglich fand - und das, was zunächst bloße Spinnerei war, nun tatsächlich in Bares ummünzen kann. Denn das Angebot hat Erfolg. In kurzer Zeit hat die eigens bereit gestellte "Lochbeauftragte" der Gemeinde 111 Schlaglöcher verschachert. Aktuell sind noch zehn verwaiste und nummerierte Schlaglöcher ins Netz gestellt. Inzwischen macht das Beispiel aus Ostdeutschland Schule. So findet angeblich der Augsburger Kämmerer Hermann Weber die Idee ganz attraktiv. Und angesichts der Misere auf Baden-Württembergs Straßen könnten ja auch die hiesigen Gemeinden mal in sich gehen. Denn 2010 wird definitiv das "Jahr der Löcher". Das hat der Autoclub Europa (ACE) in Bad Cannstatt vorhergesagt, der die bundesweite "Schlagloch-Zentrale" betreibt, und laut Regionalvorsitzendem Harald Kraus, täglich 20 neue Löcher gemeldet bekommt. Das eigentlich Schlimme aber ist: Die Löcher werden wohl kaum gestopft werden, denn auch die Landkreis- und Gemeindekassen weisen Löcher auf. Und ob die Regierung in Stuttgart die laut Verkehrsministerin Tanja Gönner geschätzten Reparaturkosten nur für Landesstraßen von "fünf bis zehn Millionen" aufbringt, ist mehr als fraglich.Die 50 Euro reichen übrigens gerade so aus, um ein Schlagloch mit Bitumen zu stopfen, heißt es aus Niederzimmern, wo man angesichts des Verkaufserfolges etwas verblüfft ist. Erstens wegen des Interesses an Löchern generell, und weil es nach der Verfüllung ja dann gar keine mehr sind. Aber wie so oft kommt die Eitelkeit ins Spiel: Jeder Pate bekommt ein Namensschild im gestopften Loch - und ist so im "Walk of Schlagloch" verewigt. |