Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag - Online-Angebot des Verlags unter shz.de vom 18.3.2010
 

Geld für klamme Kassen
Darf man Schlaglöcher verkaufen?

Von Eckard Gehm

Gefahr für Reifen und Felgen: So sehen viele Straßen im Land aus. Foto: ddp

Ein kleines Dorf in Thüringen gibt die lästigen Krater im Asphalt für 50 Euro ab, um die Haushaltskasse zu füllen. Der ADAC und das Verkehrsministerium in Kiel haben andere Pläne.

"Es gibt nichts Gutes. Außer man tut es." Das ist ein Zitat aus dem Mund von Erich Kästner. Durchaus möglich, dass der Bürgermeister von Niederzimmern die Worte des Schriftstellers im Sinn hatte, als er vor ein paar Tagen beschloss, die Schlaglöcher seines Dorfes zu verkaufen - was die vermutlich verrückteste Idee ist, wie man die vom Winter verwüsteten Wege trotz leerer Kassen sanieren kann.

Niederzimmern liegt in Thüringen. Der Bürgermeister heißt Christoph Schmidt-Rose (CDU). Wie viele seiner Amtskollegen in Schleswig-Holstein ist er chronisch klamm. Deshalb hat er seine Bürger gebeten, die Schlaglöcher im Dorf zu kaufen. Für 50 Euro pro Stück. Mit einer Plakette wird der edle Spender nach der Reparatur im Asphalt verewigt.

Ehrenamt für die Straße - ist das auch ein Modell für Schleswig-Holstein?

"Es ist eine durchaus pfiffige Idee", sagt Jörg Bülow, Landesgeschäftsführer des Gemeindetages. "So weit ich weiß, gibt es im Land kein vergleichbares Beispiel." Er gibt aber zu bedenken: Mit ausreichend Geld in den Kassen wären die Schlaglöcher in dieser Zahl und Größe gar nicht erst entstanden. Risse wären schon vor dem Winter versiegelt worden, was die Frostsprengung reduziert hätte. Bülow: "Es rechnet sich immer, wenn Kommunen finanziell so gut ausgestattet sind, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können." Ein dezenter Hinweis in Richtung Landesregierung, die den Kommunen durch die Haushaltskonsolidierung 120 Millionen Euro jährlich aus den Kassen zieht.

Bleibt also doch nur das Schlagloch-Sponsoring für die Gemeindestraßen? Der ADAC lehnt das ab. "Der Autofahrer hat die Straßen bereits durch etliche Steuern bezahlt", sagt Ulf Evert, ADAC-Sprecher in Kiel. "Jetzt eine Spende für die Reparatur zu verlangen, ist ein Akt der Verzweiflung. Besser wären vernünftige Konzepte zur grundlegenden Sanierung."

In Schleswig-Holstein wartet man auf Geld aus dem Konjunkturprogramm

Allein für die Landesstraßen benötigt Schleswig-Holstein 20 Millionen Euro. Nach durchschnittlichen Wintern waren es bisher zehn Millionen Euro - und nur die sind im Topf. Harald Haase, Sprecher im Verkehrsministerium: "Wir ver suchen deshalb, Geld aus dem Konjunkturprogramm zu bekommen." Aus Berlin soll es bereits Signale geben, die vorsichtig optimistisch stimmen.

Was noch niemand bestätigen will, ist der Plan, neben den Straßenschäden auch gleich Geld für die Schäden von Sturmtief "Daisy" aus dem Konjunkturprogramm abzuschöpfen. Die Kurorte an der Ostseeküste haben einen Bedarf von 11,6 Millionen Euro angemeldet.

Die Idee, Schlaglöcher zu verkaufen, wird im Kieler Verkehrsministerium mit einem "Schmunzeln" bewertet. Immerhin: Rechtlich hätten die Straßenverkehrsexperten nichts gegen diese Methode einzuwenden. Und in Niederzimmern hat der Bürgermeister schon elf der 40 Schlag löcher verkauft.