Die Kirchgemeinde Niederzimmern
 
Die St. Wigberti Kirche in Niederzimmern
 
Kirchengemeindeverband Niederzimmern
 
Gottesdienste / Kirchenveranstaltungen
 
Homepage der Kirchgemeinde
 
Niederzimmern, als größter Ort der Umgebung, besaß zwei Kirchen. Eine davon wird im Jahr 876 in einer Urkunde der Ersterwähnung des Ortes ,,Zimmern infra" benannt. Dies war die St. Bonifacius Kirche im Oberdorf in der Umgebung der Oberen Schule. (Die politische Gemeinde gliederte sich damals in "Ober-" und "Unterländer". Bis in unsere Zeit gab es immer wieder kleinere Rivalitäten.)
1854 wurdedie St. Bonifacius Kirche abgebrochen. Die Glocken dieser Kirche wurden in einem dazu errichteten Glockenhaus untergebracht und bis zu ihrer Einschmelzung im Jahre 1936 zu allen kirchlichen Handlungen geläutet.
 
Bis zum Zusammenschluß beider Kirchen im Jahr 1852 war Johannes Cotta Pfarrer der St. Wigberti Kirche. Cotta war auch Komponist und Chronist. Von ihm stammt das Lied ,,Was ist des Deutschen Vaterland". Cottas Ehefrau war verwandt mit Christiane Vulpius, der Ehefrau Johann Wolfgang Goethes.
Altar
 
Um 918 wird eine zweite Kirche erwähnt, die St. Wigberti Kirche im Unterdorf.
Im Jahre 1372 begann der Bau der Kirche am heutigen Standort und wurde 1450 mit der Errichtung des Turmes, der als Wehrturm diente, abgeschlossen.
Die St. Wigberti Kirche gehört zu den eigenwilligsten Sakralbauten im Kreis Weimarer Land: Der in den rechteckigen Grundriß ohne Vor- und Rücksprünge nördlich einbezogene, mit Zinnenkranz und schlanker Spitzenhaube bekrönte Turm zergliedert das Innere derart, daß der außen am Sakristeianbau erkennbare Chor eine außermittige Lage erhalten mußte. Eine weitgespannte hölzerne Tonnendecke überspannt das mit Doppelemporen ausgestattete Laienhaus.
Emporen
 
In den Jahren 1617/1618 erfolgte der Umbau der Kirche. Eine Inschrift an der Nordseite belegt die Baumeister und ist heute noch erkennbar. Sie lautet: ,,Fausto omine et Dei in nomine jussu amplicissimi senatus rei publisae Erphordensis parabant reparant hoc templum. Egidion Arnstein, Stephanus Zigler, Anno domina noster 1618 Jesus Christus." Übersetzung: ,,Unter glücklichen Vorzeichen und im Namen Gottes auf Befehl des hohen Senates des Staates Erfurt bauten und reparierten an diesem Gotteshaus im Jahre 1618 Egidion Arnstein und Stephanus Ziegler. Im Jahre des Herren l6l8 nach Jesu Christus."
 
Während des Dreißigjährigen Krieges weilte der Schwedenkönig Gustav Adolf in der Kirche. Auch dieses Ereignis ist in 6 m Höhe des Turmes in einer Steininschrift an der Nordseite festgehalten.
 
Im frühen l8. Jahrhundert wurde durch radikale Umgestaltung des gotischen Baukörpers das heutige innere Erscheinungsbild der St. Wigberti Kirche geprägt.
 
Der aufgeständerte Kanzelaltar, mit schönen Schnitz- und Stuckarbeiten, wurde 1719 im Bauernbarock gefertigt.Die beiden großen Figuren im Altar stellen dar: links - Moses mit den Steintafeln der ,,Zehn Gebote", rechts - Priester Aaron mit Weihrauchkessel.
 
Von der älteren Ausstattung blieb ein mit 1655 datierter Opferstock erhalten.
 
In die Außenmauern der Kirche sind alte Grabsteine aus dem 16. und 17. Jahrhundert eingearbeitet, die ursprünglich freistehend waren. Beachtung verdienen die heute noch stehenden zahlreichen Grabmale von etwa 1750 bis 1830 im ummauerten alten Kirchhof.
 
Der Oberlehrer Oskar Wilhelm Imhof (in Niederzimmern Lehrer von 1890 bis 1929 und ein bekannter Heimatdichter) fand auf dem Schulhausboden eine wertvolle Statue der Heiligen Margarete. Er verkaufte das Original an das Augustiner-Museum in Eisenach. Eine Nachbildung der Statue befindet sich noch in der Kirche. Der Erlös kam 1932 der Kirchenrenovierung zugute, die wahre Schätze zu Tage förderte:
Die Darstellung der Bibelgeschichte an den Doppelemporen
 
Bei der Kirchenrenovierung 1932 wurde unter grauem Anstrich an der Doppelempore eine reiche Bemalung der Brüstungsfelder entdeckt. Vom Kunstmaler Heidelmann aus Weimar wurde festgestellt, daß der wertvolle Fund mit der Darstellung der Bibelgeschichte bereits 1618 bei der Kirchenerweiterung gemalt wurde. Nach vorsichtigem fachmännischem Ablaugen wurden die Gemälde vom Kunstmaler Ahnert restauriert und entstanden in alter Pracht. Für die bescheidene Summe von 1.200,- Mark, ein Teil des Erlöses der Heiligen Margarete, hat der Kunstmaler gearbeitet.
 
Die Darstellung der gemalten Bibelgeschichten des Alten und Neuen Testamentes an den Brüstungen der Emporen ist so zu erklären, daß der überwiegende Teil der Bürger im Ort des Lesens und Schreibens nicht kundig war und so an Hand der Gemälde die Bibelgeschichte erzählt wurde. Diese Form der Darstellung wird als "Biblia pauporum" - Bibel für die Armen - bezeichnet.
 
Darstellung von Adam und Eva an einem Brüstungsfeld
 

An einigen Füllungen löst sich zur Zeit die Malschicht. Eine Sicherung ist dringend notwendig, da die Bilder einen hohen Wert darstellen.

 
Im Jahre 1911 wurde bei Turmarbeiten die vergoldete Turmkuppel von 1746 gegen eine aus Kupfer ausgetauscht. Weiterhin wurde eine neue Wetterfahne angebracht. 1972, bei einem heftigen Gewitter, schlug der Blitz in den Kirchturm ein und richtete mit einem Schwelbrand großen Schaden an. Bei der anschließenden Turmreparatur und Neueindeckung wurden nochmals eine neue Wetterfahne und die restaurierte Turmkugel wieder aufgesetzt. Auch wurde mit einer Spende der Einwohner von 6.000,-Mark eine Elektroanlage zum Läuten der Glocken eingebaut. Im Kirchturm befinden sich 3 Glocken, die bis 1972 mit der Hand, jede einzeln, per Strang gezogen wurden.
 
1923 wurde ein neues Uhrwerk an Stelle des aus dem 17. Jahrhundert stammenden eingebaut. 1988 bekam die Turmuhr ein neues Zifferblatt und Zeiger. Trotz fachmännischer Überholung konnte das Uhrwerk nicht wieder in Gang gesetzt werden. Der Erlös des 3. Herbstfestes im Ort brachte 1993 l2.000,-DM Reinerlös für eine neue Turmuhr, die 1994 eingebaut wurde.
 
Am 8. Juli 1901, dem Kirchweihfeste, wurde die neue Orgel (Kosten
7.000 Mark) mit einem Kirchenkonzert vom Hoforganisten Gottschalk aus Weimar und vom Oberlehrer Imhof eingeweiht. Gebaut hat die Orgel die Firma Eifert aus Stadtilm. Die romantische Orgel verfügt über 26 Register und eine pneumatische Ton- und Registertraktur. Sie besticht durch einen sehr üppigen Klang. Da für das Orgelpositiv wenig Platz war, zog man die obere Empore etwas bauchig nach vorn. Dazu wurde ein Träger eingezogen und mit zwei Gußsäulen abgestützt. Diese Maßnahme paßt nicht zum Inneren des Laienhauses. Der Orgelprospekt von 1802 wurde 1901 mit dem neuen Orgeleinbau erweitert. 1993 wurde die seit vielen Jahren defekte Orgel von der Firma Schönefeld aus Stadtilm ausgebaut. Bis zur Jahrhundertwende soll die Restaurierung der Orgel abgeschlossen sein, so daß sie zur 1125-Jahr-Feier wieder erklingen kann.
 
Ab 1991 wurde eine Sanierung der St. Wigberti Kirche dringend notwendig. 1993 wurde die Sanierung mit der Sicherung des baufälligen Westgiebels begonnen. 1994 wurde der Kirchturm entrümpelt und das längere Zeit stillgelegte Glockengeläut zum Osterfest 1994 instandgesetzt. Ab Mai 1994 wurde der mit Schwamm befallene Fußboden ausgeschachtet. Die Holzstützen der Doppelemporen und der Holz-Mittelstützpfeiler am Tonnengewölbe wurden mit Fundamenten und Anschuhungen gesichert. Neuer Klinker-Fußboden wurde gelegt und die reparierten und neu gestrichenen Bänke wieder aufgestellt. Das Kirchenschiff bekam einen neuen Farbanstrich. 1996 erfolgte eine neue Dacheindeckung mit zwei Gauben an der Nordseite. 1997 wurde die Kirchturmspitze saniert.
 
All die zahlreichen Arbeiten wurden auf Initiative und mit viel Engagement von den Niederzimmerer Einwohnern ehrenamtlich ausgeführt. Außerdem waren viele Firmen ab 1991 an der Kirchensanierung beteiligt.

 

Gudrun und Walter Kirnich